Als ich am 10. Januar die Schweiz verliess rechnete ich nie und nimmer damit bereits am Sonntag, dem 29. Januar wieder auf Schweizer Boden zu stehen. Mami war schwer krank und ich rechnete damit, dass ich eventuell meinen Trip unterbrechen muss, doch das ich nur 2.5 Wochen in die Ferien gehe, damit habe ich nicht gerechnet.
Als ich am 26. von Papi erfuhr, dass Mami im Spital ist und kaum noch ansprechbar sei, half mir Dani den schnellst möglichen Flug in die Schweiz zu buchen. Da ich aber nicht mehr in Buenos Aires war, musste ich zuerst zurück, um von da aus nach Europa zu fliegen. Der ganze Nachhauseweg dauerte also fast 3 Tage.
Mein Flug nach Barliloche, meinem nächsten Ziel, war bereits gebucht. Dieses Flugzeug hob aber ohne mich ab, da ich schnellst möglich nach Buenos Aires wollte. Ich wartete also am Flughafen in El Calafate auf meinen Flug nach Buenos Aires, als die Mitarbeiter vom Check-in immer wieder meinen Namen aufriefen. Es klang etwa so „Ernest Sura“ ;). Die ersten zwei Mal tat ich, als würde ich es nicht hören. Dann aber rannte ich quer durch den ganzen Flughafen, wieder durch die Sicherheitskontrolle raus, an den Schalter. Alles piepste und alarmte. Ich teilte ihnen mit, dass ich nicht kommen würde. Dann rannte ich alles zurück und stellte mich wieder für die Sicherheitskontrolle an. Die Securitybeamten verstanden die Welt nicht ganz, was mir einen riesen Spass bereitete. Könnt ihr behaupten schon einmal durch einen Securitycheck gestürmt zu sein? =D
In Buenos Aires angekommen verabschiedete ich mich von Déborah und checkte in mein letztes Hostel ein. Es war schon spät. Ich wollte nur kurz meinen Blog schreiben und dann schlafen gehen, um für meinen Nachhauseflug fit zu sein. Ich machte mich bettfertig und legte mich hin. Da kommt die SMS von Papi. „Zora, Mami ist im Himmel…“. Ich war zu spät. Ich starrte auf mein Handy, dann an die Wand und wieder auf mein Handy. Was nun..? Mein Kopf war leer. Ich weiss nicht, was ich in den nächsten paar Minuten gedacht habe. Ich war einfach da, an einem fremden Ort. Ich kannte nicht eine einzige Person. Ich konnte niemandem erzählen was passiert ist. Ich hatte niemanden, der mich einfach so in den Arm nahm. Erst einige Minuten später fing ich an zu schluchzen und zu weinen, doch niemand kam und erkundigte sich, was los ist. Es war, als wäre ich ein Geist, unsichtbar.. Ich schrieb Papi, Dani und meinen engsten Freunden und irgendwann versuchte ich dann etwas zu schlafen. Am nächsten Morgen lenkte ich mich ab, so gut ich konnte. Ich lief los um in dieser riesigen Stadt etwas Ablenkung zu finden, bis ich dann endlich los konnte, Richtung Schweiz.
Normalerweise fliege ich gerne. Ich steige ein, schlafe, wache auf, steige aus. Doch diese 12 Stunden machte ich kaum ein Auge zu. Zum Glück hatte ich einen guten Sitznachbar. Ich erzählte ihm meine Lage, worauf er mich davon abhielt traurige Filme zu schauen, mir Taschentücher und Bier bereit hielt, mich zudeckte, wenn ich versuchte zu schlafen und mich 12 Stunden ablenkte. Er erwähnte dabei min 5 Mal, dass das schlimmste sei, wenn ich meine Reise nicht fortsetzen würde. Was auch noch erwähnt werden muss: Als der Steward mit den Getränken kam bestellte ich einen „Vino Rojo“ was wortwörtlich übersetzt Rotwein bedeutet. Wie soll ich wissen, dass die Spanier diesen „Vino Tinto“ nennen. Das ganze Flugzeug grölte und der Steward fragte die ganze nächste Reihe, ob sie vielleicht auch einen „Vino Rojo“ möchten. Peinlich oder Lustig? 😀
Ich kann gar nicht sagen wie erleichtert ich war, als mich die Arme von Dani wieder hatten! Für einen Moment war alles wieder gut und ich erzählte und schwärmte den ganzen Weg nach Hause. Doch dann war da wieder diese andere Welt. Die Realität. Ich freute mich riesig Papi und Luki wieder zu sehen. Doch wie viel lieber hätte ich Mami an diesem Sonntag in den Spital als in der Abdankungshalle besucht.
Todesanzeige, Trauerkranz, Rosen… bis zur Beerdigung gab es noch einiges zu erledigen. Und dann war sie schon. Donnerstag, 2. Februar 2017, die Abdankungsfeier. Das klingt jetzt vielleicht etwas komisch. Aber sie war wunderschön. So viele Menschen waren da, um Mami zu verabschieden. Es flossen viele Tränen und trotzdem war dieser Nachmittag nicht nur traurig. Da war Hoffnung, Musik, Gesang und ja, sogar Tanz. Genau so und nicht anders hätte Mami dies gewollt. Ich bin mir ganz sicher, dass sie an diesem Nachmittag ein Lachen auf dem Gesicht hatte, als sie beinebaumelnd auf einer Wolke sass und uns zusah.
Nun ist Mami bereits eine Woche nicht mehr bei uns. Ich habe meine Meinung über Gottes Timing geändert. Anfangs war ich völlig enttäuscht und wütend, dass dies genau dann passieren muss, wenn ich für längere Zeit weg bin. Ich konnte nicht verstehen, wieso ich Mami nicht mehr sehen durfte. Doch heute weiss ich, dass es so kommen musste. Dadurch dass ich so viel Zeit damit verbrachte meine langersehnten Freunde zu treffen und von meiner Reise zu erzählen konnte ich oft auf andere Gedanken kommen. Zum Teil hatte ich fast ein schlechtes Gewissen, wenn ich laut rauslachte. Das Timing stimmte. So viel Freude macht meine Trauer aushaltbar und wieder einmal bin ich froh, dass ich so viele super Menschen um mich habe!!